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Von Bierchen und Blümchen – Ein Take zum Vatertag

Bringt Frauen und Kinder in Sicherheit, die Randaletrupps mit ihren Bollerwagen streifen zum Vatertag wieder voll alkoholisiert und grölend durch die Straßen!

Man mag es kaum glauben, wenn man nicht schon sein Leben lang daran gewöhnt ist. Doch diese rituellen Prozessionen huldigen nicht Bacchus, dem Gott des Weines und des Rausches. Nein, so feiern wir hier… die Vaterschaft?

Abstruserweise ist es genau das. Betrunkene Väter, statistisch der gefährlichste Aspekt im Leben eines Kindes, gehen also einmal im Jahr gemeinsam hinaus und machen ohne Rücksicht auf ihr Umfeld einfach alles, was sie wollen. Dazu zählt natürlich auch Sachbeschädigung und sexuelle Belästigung fremder Menschen. Klar, wieso auch nicht? Was schreit mehr „Ich bin ein friedlicher und glücklicher Familienvater“ als dieses Ausleben unserer – wie wir sie nennen – Kultur.

"Vatertag ist halt eine Ausnahme... oder?"

Lasst uns kurz nachprüfen, was in unserer Gesellschaft eigentlich am Feiertag der Mütter vorgesehen ist. Das muss ja mindestens genauso exzessiv sein, wenn nicht mehr, oder? Jede*r weiß doch, Mütter haben mit Abstand das meiste zu tun, wenn es um das gemeinsame Kind geht.
Die satirisch anmutende Antwort lautet: Mütter bekommen Schnittblumen. Moment, wie bitte?

Der Vatertag ist aus der Zeit gefallen

Wir haben als Gesamtgesellschaft in den letzten Jahrzehnten viel erreicht.

Wir wissen genau, welche Arbeit Mütter und Väter in einer sogenannten traditionellen Familie übernehmen und wie ungerecht sie verteilt ist. Wir arbeiten daran, dass Frauen als ganze Gruppe endlich den Männern gleichgestellt sind.

Zusätzlich haben wir zweifelsfrei herausgefunden, dass ein binäres Geschlechtermodell konstruiert ist. Wir erfahren dadurch nicht nur wie viel Platz für Individualisierung uns Mutter-Natur gibt, nein, die Erkenntnis macht uns auch darauf aufmerksam, dass es auf so etwas Geringfügiges wie das Geschlecht bei der Karriere oder im Privatleben nicht ankommt. Oder zumindest nicht ankommen sollte.

"Verändern sollen sich bitte die Anderen."
– Väter, denen man "nie etwas gönnt"

Darauf aufbauend haben wir schon lange akzeptiert, dass es Familien mit zwei Müttern oder zwei Vätern gibt. Wir schaffen aktuell Gesetze, mit denen Familien, in denen sich mehr als nur zwei Menschen als Elternteile eines Kindes verstehen, rechtlich abgesichert damit leben können.

Wieso also sehen Mutter- und Vatertag so aus, wie sie aussehen?
Wieso wird einem Vater, der statistisch weniger für das eigene Kind tut als die Mutter, ein freier Tag der Eskalation geschenkt, während die Mutter lediglich einen Dank und ein paar Blumen dafür bekommt, immer und jederzeit für das Kind da zu sein. Wohl wissend natürlich, dass hinter diesen Geschenken zwischen den Zeilen die Bitte steht:
„Bitte, Bitte, hör nie auf, ständig da zu sein, wir schaffen es sonst nicht!“

Nur kein Druck, liebe Mamas

Klar, das klingt jetzt wirklich negativ.
Diese scheinbare Schere zwischen dem, was wir sein wollen, und dem, was wir sind.

Aber ich verspreche euch, liebe Mütter. Alles wird besser. Immerhin zählt es bereits jetzt als unhöflich, eure Männer beim Randalieren zu misgendern. Ihr seid auch bald dran. Also nach den Kinderlosen natürlich. Irgendwann.

Tut uns bitte den Gefallen und nehmt euch bitte in der Zwischenzeit keinen Tag frei. Wir schaffen es sonst nicht.
Hier als Dank: ein paar Blumen für eure tolle Arbeit. *zwinker*

3 Kommentare

    • Rolfe

      Schön formuliert, der Titel grfällt mir besonders gut.
      Natürlich wurden hier als Mittel zum Zweck mal wieder alle Männer in die selbe Schublade gesteckt.

      Dazu darf ich bestimmt erwähnen, dass es Müttern ebenso wie den Vätern an ihrem Feiertag frei steht, mit einem Bollerwagen voller Bier loszuziehen und zu feiern.
      Dass dieser Brauch direkt mit purer Eskalation und sexueller Belästigung verbunden wird, finde ich sehr bedauerlich..
      Auch darf man nicht vergessen, dass Fahrradtouren mit dem Kind ein mindestens genauso häufig gelebter Brauch sind.

      Um zur ungerechten Verteilung in der Kindererziehung und allen damit verbundenen Pflichten/Aufgaben zu kommen:
      Als frisch gebackener Vater kann ich dazu nur sagen, dass es mich frustriert, dass dies tatsächlich der Fall ist – und zwar nicht, weil ich es mir so ausgesucht habe.
      Ich bin faktisch nicht dazu in der Lage, meinen vier Monate alten Sohn einen Tag lang allein zu versorgen. Er wird gestillt, dies war der Wunsch von beiden Elternteilen, abpumpen klappt nicht besonders gut und bringt den Rhythmus der Milchproduktion durcheinander. Mein Sohn hat nie gelernt, aus einem Fläschchen zu trinken und schluckt viel zu viel in zu kurzer Zeit und gut 95% verbleiben dementsprechend nicht im Magen.
      Die Mutter ist in den ersten Monaten/ Jahren nun einmal nicht gänzlich durch einen Vater ersetzbar.
      Sobald es mir möglich ist, ihn allein zu versorgen, werden die Aufgaben möglichst gerecht verteilt.

      Natürlich werden diese rollenspezifischen Aufgaben der Mutter gern als lästige Pflichten gesehen, ich jedoch bin der Meinung, dass meine Frau das Privileg genießt, sehr viel Zeit mit unserem Kind verbringen zu dürfen (Mutterschaft), während mir dieses Privileg aus finanziellen Gründen verwehrt bleibt, auch wenn es in der Theorie „Elternzeit‘ ist, die auch ich in Anspruch nehmen könnte.

      Jetzt habe ich genug genörgelt, ich fühlte mich aber dafür verantwortlich, meinen -in meinem Daddy-Schnurrbart hängenbleibenden- Senf dazuzugeben.
      Zum Abschluss will ich allen Lesern und der Autorin unbedingt offenbaren, was mir meine Frau kurz vorm Vatertag zum Geburtstag geschenkt hat:

      Einen Bollerwagen

  • Giselher, die Qualle

    Mega gut und leider sehr wahr :‘)
    Wobei ich manchmal das Gefühl habe, dass die feierwütigsten am Vatertag, die kinderlose Herrschaft ist. xD

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